BULL Tabelliermaschine
Als in den fünfziger Jahren in mittleren und großen Betrieben langsam die elektronische Datenverarbeitung (EDV) auf breiter Ebene einsetzte, stand die Tabelliermaschine im Mittelpunkt. Wie der Name schon andeutet, kann diese Maschine Ausdrucke auf Endlospapier in Tabellenform liefern. Und das in einer für die damalige Zeit atemberaubenden Geschwindigkeit. Diese Maschinen wurden daher als wahre technische Wunderwerke bezeichnet und sie waren es auch. Spätestens ein Blick ins Innere einer solchen Maschine lässt erahnen, welche Ingenieurleistung hier vollbracht wurde. Eine Technik, die uns heute völlig fremd ist und die offensichtlich aus einer anderen Welt entstammt.
Bild 1: Tabelliermaschine Bull BS-PR
Die hier abgebildete Tabelliermaschine BULL BS-PR wurde im Oktober 1956 gebaut. Der Kaufpreis betrug damals ca. 260.000,- DM (130.000. Euro), eine horrende Summe, wenn man bedenkt, dass 1956 ein durchschnittliches KFZ für deutlich unter 3000,- DM zu haben war. Dennoch kamen große Betriebe und insbesondere Banken nicht umhin Lochkartenmaschinen anzuschaffen um rationell arbeiten zu können.
Bild 2 zeigt drei Rechenwerke und ca. 700 der 1500 Relais
Von außen ist es ein unscheinbarer Blechkasten aber von innen ein Meisterwerk an elektromechanischer Technik. Vorne (Bild 1) stehen zwei auswechselbare Schalttafeln, die jeweils an der linken Seite (hier unsichtbar) angedockt werden. Die linke Tafel beinhaltet ein Programm zur Berechnung und zum Drucken von Kontoauszügen, rechts ist ein einfaches Multiplikationsprogramm gesteckt. Multiplikationen und Divisionen benötigen ein Mehrfaches an Zeit als einfache Saldierungen. Um diese Zeit drastisch zu verkürzen, konnte man den "Elektronenrechner" BULL GAMMA 3 anschließen.
Tabelliermaschinen konnten durch das Auswechseln einer Schalttafel sehr unterschiedliche kombinierte Schreib- und Rechenarbeiten ausführen.
Die Programmierung der Tabelliermaschine wurde durch das Stöpseln von Kabeln auf der Schalttafel realisiert. Für jedes Programm wurde eine eigene Schalttafel benötigt. Das Eingabemedium für die Maschine sind Lochkarten. Daher waren in Zeiten der Lochkarten EDV zum Erstellen, Sortieren, Mischen etc. der Karten weitere Maschinen erforderlich, die in unserem Museum ebenfalls funktionsfähig vorhanden sind.
Unsere Tabelliermaschine kann z.B. Kontoauszüge berechnen und drucken und beherrscht die 4 Grundrechenarten.
Bild 3: Rechenwerk der Tabelliermaschine
Bild 3 zeigt ein ausgebautes Rechenwerk. Als Größenvergleich ist eine Streichholzschachtel mit abgebildet. Das Rechnen wird rein mechanisch ausgeführt und elektrisch mit Hilfe von Kontakten abgefühlt. Im linken Bild sieht man die zylindrische Walze, in welcher 12 rotierende Schleifkontakte den Stand des Rechenwerkes abgreifen.
Das rechte Bild zeigt deutlich das Prinzip der Sprossenradmaschine. Man sieht sogar den Inhalt des Rechenwerks: "144". Die Überträge finden auch mechanisch statt. Ausgelöst werden die einzelnen Stellen durch Elektromagnete. Das dann abgegriffene Ergebnis wird in der Relais-Logik weiter verarbeitet. Etwa 1500 Relais wurden verwendet, um die programmierbare Steuerung der Maschine durchzuführen.
In Bild 2 sind oben die Anschlüsse von drei der 10 Rechenwerke zu sehen, die alle parallel arbeiten. Sie werden durch den großen Hauptmotor angetrieben, bei jeder Umdrehung bewegen sich ca. 300 Kontakte und ca. 120 Schleifkontakte. Trotz des hohen Alters sind alle Rechenwerke noch voll funktionsfähig. Es ist erstaunlich, dass solche Maschinen z.B. in Banken täglich bis zu 12 Stunden gelaufen sind, ohne dass gravierende Probleme auftraten.
Wer wissen möchte, wie so etwas möglich ist kann hier nachschauen:
Wurzelprogramm der Tabelliermaschine, bilinguar französich/deutsch. Es basiert auf dem sogenannten Toepler-Algorithmus.
An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich beim F.E.B. (Federation des Equipes Bull) Deutschland e.V. für die Mithilfe bei der Reparatur der Tabelliermaschine bedanken.
Bild 4: Druckmechanismus der Tabelliermaschine
Hier ist ein Teil des sehr aufwändigen Druckwerkes zu erkennen. Es wird immer eine komplette Zeile gleichzeitig geschrieben. Im Vordergrund sieht man den Lochkarteneinzug. Jede Lochkarte wird zwei Mal gelesen. Beim ersten Abfühlen wird erkannt, ob eine Steuer- bzw. Programmkarte oder eine Datenkarte vorhanden ist. Beim zweiten Auslesen (direkt darunter) wird die Information entsprechend zugeordnet. Zusätzlich kann man auch die Inhalte zweier aufeinander folgender Lochkarten vergleichen.