Lochkartengeräte und Peripherie
Lochkarten sind ein sehr altes Medium, um Daten zu speichern. Man kann sie beschriften, sie sind handlich und schnell sortierbar und haben noch viele andere Vorteile. Daher fanden sie bis in die 80er Jahre Verwendung . Der Hauptumsatz an Lochkarten war wohl in den 60er Jahren zu verzeichnen, als die EDV aufblühte. Die hier aufgeführeten Lochkarten-Peripheriegeräte waren notwendig um effektiv mit EDV-Anlagen arbeiten zu können. Wir stellen daher zunächst die Peripherigeräte und dann die eigentlichen EDV-Anlagen des technikum29 vor.
Aus heutiger Sicht ist die Größe der Geräte, deren Anschaulichkeit und deren teils beeindruckenden Funktion bewundernswert. Im technikum29 rattern noch viele dieser dinosaurierhaften Maschinen.
Lochkartenstanzer
Für sehr kleine Betriebe, die nur gelegentlich eine Karte stanzen mussten, reichte der kleine Kartenstanzer unten. In der Mitte befindet sich ein Stanzer von BULL und oben schließlich ein sogenannter "Magnetstanzer", bei welchem die Löcher mit Hilfe eines Elektromagneten gestanzt wurden. Für größere Lochkartenmengen verwendete man die "Motorlocher" (siehe unten), die jedoch erheblich teurer waren.
Ein typischer Maschinenpark bestand aus den Lochkartenstanzern (hier entstand der Beruf der "Locherin"), mit dem die Informationen und Daten auf Karten gestanzt wurden, einem Kartenmischer, der die Karten aus verschiedenen Stapeln (z.B. Adressen, Rechnungen) in die jeweils richtige Reihenfolge brachte, einem Sortierer, der Lochkarten nach vorgegebenen Bedingungen sortieren konnte und eventuell einem Lochschriftübersetzer, der die gestanzte Information als Klartext an eine vorbestimmte Stelle der Lochkarte schrieb.
IBM 026 Printing-Card-Punch
Ab 1949 wurde der Lochkartenstanzer in zwei Versionen von IBM gebaut: IBM 024, der Karten ausschließlich stanzen konnte und IBM 026, der gleichzeitig die Lochkarten während der Stanzung beschriftet. In der deutschen Bezeichnung ist dies ein "Schreiblocher". Das Schreibsystem war genial einfach gebaut: Ein sehr kompakter Nadeldrucker der durch den Stanzmechanismus mit "angetrieben" wurde, nicht viel größer als 2 Streichholz-Schachteln!
Das war eine typische Eigenschaft von IBM: Einfache dafür aber sehr intelligente Lösungen zu finden, eine Quelle für viele Patentrechte. Auch die gesamte "Elektronik" besteht zwar aus relativ vielen Kontakten aber nur 10 Relais und 9 Elektronenröhren.
Dieses Modell war so erfolgreich, dass es mit fast unveränderter Mechanik 20 (zwanzig!) Jahre lang gebaut und weltweit vertrieben wurde. Das war für die schnelllebige Branche eine enorm lange Zeit.
IBM 029 und JUKI Lochkartenstanzer.
Links im Bild ist der legendäre IBM 029 zu sehen (gebaut ab 1964), rechts der praktisch identische JUKI Stanzer (Made in Japan). Die Ähnlichkeit ist nicht zufällig: 1971 brachte IBM den Lochkartenstanzer Typ 129 heraus, der den Inhalt einer gesamten Lochkarte zunächst speichert und dann erst stanzt. So sind vor dem Stanzen Korrekturen beliebig möglich. Daher vergab IBM die Lizenz zum Nachbau des Erfolgmodells 029. 1970 kostete der IBM 029 ca. stolze 15.500 DM (ca.8000 €).
Ein Video unseres JUKI-Stanzers in Aktion findet sich hier.
IBM 129 Lochkartenstanzer.
IBM´s Antwort auf den voll elektronisch gesteuerten UNIVAC 1710 Lochkartenstanzer (siehe unten) war 1971 die letzte Version eines solchen Gerätes: IBM 129.
Hier wurden viele fortschrittliche Techniken verarbeitet, die zu dieser Zeit marktreif waren: Daten und Stanzprogramme werden im Halbleiterspeicher auf FET-Basis abgelegt, die Anzeige der Kartenspalte erfolgt mit den ersten 7-Segment-LED-Anzeigen und den spaltenweisen Vorschub besorgt ein kleiner Schrittschaltmotor. Mit einer sehr aufwändigen Logik in SLT-Technik sind viele Features möglich: Verifizieren (prüfen) bereits gelochter Karten, Lochschriftübersetzung, Speichern von bis zu 6 Formatierungsprogrammen usw.
Das Modell 129 ist relativ selten da Anfang der 70er Jahre der Markt an Lochkartengeräten weitgehend gesättigt und das Ende der Lochkartenära vorhersehbar war.
UNIVAC Lochkartenstanzer 1710
Der Univac 1710 kam zeitgleich mit der UNIVAC 9400 Computeranlage im Jahre 1969 auf den Markt. Univac wollte damit seinen Konkurrenten IBM toppen indem dieses Gerät weitgehend elektronisch gesteuert wird, extrem schnell arbeitet und vielseitig ist. Das war zwar aufwändig, brachte aber einige Vorteile:
Da die Lochkarten zuerst gelesen und die Daten in einem Kernspeicher abgelegt werden, konnte man zwei Stanzprogramme (z.B. Feldsprünge) und auch den Inhalt einer Datenkarte speichern (für das Duplizieren von Lochkarten). Die Information von neu zu stanzenden Karten wurde Spalte für Spalte eingegeben, ohne dass sich die Karte bewegt. Daher sind Korrekturen vor dem Ausstanzen möglich. Der Stanz- und Beschriftungszyklus erfolgt nach der vollständigen Dateneingabe in beachtlichem Tempo. Außerdem hat der Stanzer zwei Kartenzuführungen sowie zwei Kartenablagen (jeweils für Programm- bzw. Datenkarten).
Als Speicher dient ein Kernspeicher mit 16x80x2 Ringkernen.
Mit diesem Gerät konnte man damit auch gestanzte Karten nachträglich beschriften (Lochschriftübersetzer) und gelochte Karten auf richtige Lochung überprüfen. Bei allem Respekt vor der elektronischen Logik hatte der Stanzer aber Probleme mit der Mechanik: Die Beschriftung mittels Typenrad war leicht flatterhaft und der Karteneinzug problematisch, wenn die Einstellungen nicht 100%ig stimmten.
Sortiermaschinen
IBM 082 Sortiermaschine
Diese Sortiermaschine wurde ab 1949 gebaut.
Funktionsweise des Lochkartensortierers
IBM 083 Sortiermaschine
Gegenüber dem Modell 082 wurde die Sortiermechanik wesentlich verbessert. Die Maschine kann 1000 Karten pro Minute sortieren. Das sind ca.
16 Stück pro Sekunde. Sehr viel mehr ist wegen der Trägheit der Mechanik auch nicht möglich. Dieser Typ wurde ab ca. 1958 gebaut.
Dahinter steht ein Sortiergestell mit viel Glas, welches genau so viele Sortierstellen wie die Maschine hat. Es dient zur Zwischenlagerung
bei Mehrfachsortierungen.
Funktionsweise des Lochkartensortierers
Ein Video des IBM 083-Sortierers in Aktion findet sich hier.
Lochkartendoppler
IBM 514
Seit Dezember 2013 im technikum29: Gigantisch groß und gigantisch schwer, der Lochkartendoppler von IBM aus den 50er Jahren. Dieses stattliche Gerät war nur dazu da um Lochkarten zu duplizieren. Natürlich sind auch noch ein paar zusätzliche Funktionen vorhanden.
Durch die starke mechanische Beanspruchung der Lochkarten während des täglichen Betriebes mussten diese nach einer gewissen Zeit erneuert werden. Der Doppler kann jedoch die Karten nicht gleichzeitig beschriften. Dazu war dann ein Lochschriftübersetzer wie z.B. der IBM 548 notwendig (siehe weiter unten).
Dieses Gerät wurde uns freundlicherweise vom FITG (Frankfurt) übereignet.
Lochkartenmischer
IBM Lochkartenmischer 77
Hier ist die Rückseite des 1959 gebauten Gerätes ohne Gehäuse zu sehen. Der Mischer liest 480 Karten/Minute und kann z.B. die Reihenfolge von Kartenstapeln verändern, Duplikate suchen und gegebenenfalls aussondern oder 2 Stapel vergleichen und Unterschiede feststellen. Er ist im übertragenen Sinne eine Art mechanische Datenbankabfrage und Updatemaschine.
Die Programme können durch Austauschen einer mit Steckkabeln bestückten Schalttafel gewechselt werden.
Wie bei den anderen Lochkartenmaschinen bilden viele Relais und durch Nockenwellen gesteuerte Schalter die Elektronik. Für die Techniker aus dieser Frühzeit war das "Ölkännchen" zur Pflege der vielen Lager genauso wichtig wie ein Messgerät.
Funktionsweise des Lochkartenmischers
Bull Lochkartenmischer Typ 56.00.
Dieser Lochkartenmischer ist ein gigantisch großes Gerät mit viel Chrom (symbolisiert Werthaltigkeit). Knapp 1000 Relais wurden hier verbaut um diverse Mischfunktionen per verkabeltem Programmfeld zu realisieren. Auch das Mischen und Sortieren in einem Arbeitsgang war dadurch möglich. Je nach Anwendung können 250 bis 500 Lochkarten in der Minute verarbeitet werden.
Lochschriftübersetzer
IBM 548
Ein riesiger Lochschriftübersetzer von IBM. Er kann 60 Karten/Minute nach vorgegebenen Kriterien in 60 Spalten auf der Kopfzeile beschriften. Der Übersetzer kennt nur alphanumerische Zeichen und keine Sonderzeichen. Dafür ist die Schrift relativ groß und sehr gut lesbar.
Vorne ist das Programmierfeld zu sehen.
Für unsere Zwecke ist dieser Übersetzer nur bedingt verwendbar da oft alle 80 Zeichen einer Lochkarte beschriftet werden müssen.
ANELEX Schnelldrucker
ANELEX Schnelldrucker, Series 5 mit offener Haube.
Wenn man vor einem solchen gewichtigen "Monstrum" steht, wird man fast ehrfürchtig: Eine ungeheuer aufwändige und stabile 635 kg schwere Mechanik sorgt dafür, dass zehntausende Seiten gedruckt werden können, ohne dass wesentliche Ausfälle zu beklagen sind. Der "Anelex Series 5" Drucker wurde 1963/64 in den USA entwickelt und in vielen Computeranlagen dieser Zeit verwendet (so auch an der Z-23 von ZUSE oder an der Electrologica X8). Er war 1965 mit bis zu 1250 Druckzeilen pro Minute der schnellste Drucker der Welt.
Wir haben unseren ANELEX repariert und steuern ihn über einen Micro-Controller an, der z.B. von einem Laptop programmiert wird. Damit lassen sich beliebige aktuelle Texte drucken. Hier wird antike EDV mit der aktuellen Welt funktionsfähig verbunden.