RAE 4/15 und 4/30 Details

Stand: 23. Feb. 2023

Im Bestand des technikum29 haben wir 8 Olympia RAE- Tischrechner, darunter die Modelle RAE 4/15-2, 4/30-1, -2 und -3. Über technische Details und den Fortschritt bei der Restaurierung werden wir hier berichten.

Eingescannte Manuals aus dem technikum29-Bestand als PDF:

zum Download unserer Scans geht es hier

Vorstellung unserer Olympia RAE

1965 stellte Olympia die Tischrechner der RAE-Serie vor. Die Elektronik basiert auf Germanium-Transistoren, für die Anzeige werden Nixie-Röhren benutzt. Ein Kernspeicher dient der Speicherung der verschiedenen Rechen- bzw Speicherregister. Die einzelnen Modellbezeichnungen der Form X/YY-Z bedeuten:

X = 4 steht für die 4 Grundrechenarten

Y = 15 oder 30 gibt die maximale Stellenanzahl für Ergebnisse an

Z = 1, 2 oder 3 gibt die Anzahl der frei verfügbaren Speicherregister an (neben den 3 Rechenregistern)

Verschiedene Olympia RAE 4 in einer Reihe: RAE 4/15-2, 4/30-1, 4/30-2 und 4/30-3.
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Reparatur unserer 4/15-2

Als erste Maschine haben wir uns die RAE 4/15-2 Ser. Nr. 4692 vorgenommen. Laut Stempel im Gehäuse und auf dem Lüfter ist sie Baujahr 1967. Mutiges Einschalten über Regel-Trenntrafo resultierte in einem Kurzschluß des Netzeingangs-Filterkondensators. Nach dem Auswechseln desselben lief der Lüfter an und alle Nixies zeigten eine "0" nach dem Einschalten. Auch die 3 Anzeigelampen leuchteten. Sie konnten über die Tasten I, IV und V ausgeschaltet werden, ansonsten reagierte die Maschine auf keine Tasteneingabe. Nach kurzer Betriebszeit erlosch die Anzeige - die Maschine war "tot". Die Fehlersuche begann...

Nach dem Lösen von 4 Schrauben auf der Unterseite (*nicht* die 4 Schrauben in den Standfüßen !) kann das Oberteil abgehoben werden. Achtung: die 4 Kabel vom Netzschalter lösen (Reihenfolge aufschreiben !), dann kann das Oberteil weggelegt werden. Dann kann die Maschine aus dem Unterteil rausgehoben werden. Dabei darauf achten, dass keiner der 8 Gummipuffer in den 4 Montagewinkeln verloren geht. Dann zeigt sich die Maschine so:

Innenansichten der RAE 4/15-2 mit Serien-Nr 04692. Für große Bilder bitte klicken !

Zunächst muss die korrekte Spannungsversorgung sichergestellt werden. Die Maschine benötigt +12 V, -12 V, +80V und +200V. Die Lage der einzelnen Bauteile ist über die gesamte Maschine verstreut (s. Bild rechts). Wichtig für das Verständnis der Funktion der Stromversorgung ist, dass aus den +12V auch die +80/+200V generiert werden. Die + 12V sind sowohl über eine 4A Schmelzsicherung als auch über eine elektronische Strombegrenzung abgesichert.

Die einzelnen Spannungen können rechts hinten an der Steckverbindung 28 abgegriffen werden: Pin 1 = 0V, Pin 3 = +12V, Pin 5 = -12V, Pin 6 = +80 V, Pin 7 = +200V.

Wenn wie bei unserer Maschine weder die Nixies leuchten noch die Anzeigelampen, ist die +12 V verdächtig: die 4A Schmelzsicherung war ganz, aber es wurde nur < 1 V auf der 12 V-Versorgung gemessen. Offenkundig greift die elektronische Strombegrenzung ein. Abziehen des Steckers 28 von der Maschine brachte keine Änderung, also liegt der Kurzschluß nicht auf einer der 13 Rechenplatinen. Prüfung aller Elkos ergab auch keinen Hinweis. Verbleiben als Ursache der Taktgenerator ("Treiberwandler") und die 80/200V-Versorgung (beide vorne links). Beide werden durch Gegentakt-Zerhacker (2 * AC124) betrieben, in unserem Fall war der Taktgenerator defekt. Auswechseln der AC124 und schon sind alle Spannungen im Soll und die Maschine begrüßt mit 15 leuchtenden Nixies ! Sie reagierte aber noch nicht bzw. nur erratisch auf Tasteneingaben.

Der Treiberwandler erzeugt zwei ca 25 kHz gegenphasige Rechtecksignale, die für den Betrieb der RAE essentiell sind. Fehlen sie, so zeigt die Maschine nur einzelne statische Ziffern und reagiert nicht auf Tasteneingaben.

Jetzt konzentrierte sich die weitere Fehlersuche auf die 13 Logikplatinen. Tipps zum Ausbau siehe auf dem Bild ganz rechts. Durch Tauschen mit Platinen aus einer zweiten Maschine konnte unsere RAE zumindest ansatzweise wieder zur Arbeit bewegt werden. Da der Status der Tauschplatinen unklar ist, müssen aufbauend auf dem Ergebnis nun alle Platinen überprüft werden.

Die 13 Logikplatinen der RAE 4/15-2 mit Serien-Nr 04692. Für große Bilder bitte klicken !

Position, Ersatzteil-Nr. und Funktion der einzelnen Platinen:

Pos 02: 95,5050-110.2 Stellenausgabe
Pos 04: 94.5055-110.2 Ziffernausgabe
Pos 06: 94.5030-110.2 Zwischenregister
Pos 08: 94.5020-110.2 Verknüpfung
Pos 10: 94.5060-110.2 Taktverteiler
Pos 12: 94.5010-110.2 Speicherschalter
Pos 14: 94.5005-110.2 Speicherzähler
Pos 16: 94.5025-110.2 Treiberschalter
Pos 18: 94.5065-110.2 Programmschlüssel
Pos 20: 94.5040-110.2 Funktionsprogramm
Pos 22: 94.5070-110.2 Sonderfunktion
Pos 24: 95.5045-110.2 Kommaprogramm
Pos 26: 94.5035-110.2 Funktionsregister

Wir nutzen zur Prüfung der Bauteile auf den Platinen einen Komponententester, wie er zB im Oszilloskop Hameg 604 eingebaut ist. Nach dem Ersatz von 6 defekten AA132-Dioden (alle hatten keinen Duchgang mehr) haben wir mittlerweile einen Zwischenstand erreicht, dass die Maschine in allen Registern speichert und alle Grundrechenarten durchführt. Rechts das Ergebnis der Division 10.000.000 : 7.

Es verbleiben noch einzelne kleine Fehler, u.a. werden manche Rechnungen mit bestimmten Eingabewerten mit falschem Ergebnis ausgegeben, zumeist sind einzelne Ziffern falsch. Von daher war die Überlegung, die korrekte Funktion des Kernspeichers zu prüfen


Überprüfung des Kernspeichers

Die RAE 4/15 hat 3 Rechenregister und 3 Speicherregister. Je Register werden 15 Dezimalstellen (a 4 Bit) und die Kommaposition (4 Bit) abgespeichert, also 6 * 16 * 4 Bit. Der Kernspeicher ist in 6 Matrizen mit 8 * 8 Bit realisiert und sitzt auf auf Platine 12 (genannt "Speicherschalter"). Alle Schreib-, Lese- und Blockierströme, die durch die Ferritkerne geleitet werden, müssen auf exakt 185 mA eingestellt werden. Hierzu dienen 9 Stromregelstufen, 5 davon sitzen auf Platine 16 "Treiberschalter" und die restlichen 4 auf der Platine 10 "Taktverteiler". Aufgebaut sind die wie im Schaltbild unten links angegeben:

Schaltung der 185 mA Stromregelstufen (li), typ. Strompulse von Platine 16 (mi) und von Platine 10 (re). Bitte klicken zum Vergrößern !

Die Funktionsbeschreibung zur RAE 4/15 gibt an, dass der Spannungsabfall über dem 5.1 Ω Widerstand auf 0.95 V einzustellen ist. 185 mA Stromfluss durch 5.1 Ω ergibt zwar rechnerisch 0.944 V, vernachlässigt aber den Parallelstrom durch das 50 Ω Trimmpoti.

Versuchsweise haben wir die Anschlüsse der 5.1 Ω Widerstände mal nach außen gelegt und die Spannungen am Oszi angesehen. Prinzipiell lassen sich auf Platine 16 alle fünf Strompulse erfassen, die gemessenen Spannungen liegen im Bereich 0.82 - 1.08 V, weichen also von den geforderten 0.95 V deutlich ab (s. Beispiel oben Bild mitte mit Pulshöhe 0.962V).

Die Stromregelstufen auf Platine 10 sind etwas anders aufgebaut, sie stabilisieren sowohl positive und negative Ströme. Daher ergeben sich abweichend von der Messung an Platine 16 symmetrische Rechteckpulse mit idealerweise 2* 0.95 V Pulshöhe (oben Bild rechts mit +0.875 V und -0.968 V Pulshöhe).

In den Unterlagen sind keine Angaben zu den Toleranzen bzgl. der Einstellung der 185 mA zu finden. Der Kernspeicher funktioniert ja soweit, er "vergisst" keine Ziffern. Mit weiteren Maßnahmen wie Neueinstellung der Ströme warten wir daher erstmal ab und setzen die Überprüfung aller Komponenten auf den Platinen fort.


Erfolgreicher Abschluss der Reparatur

Die Überprüfung aller 13 Logikplatinen beider RAE 4/15 ergab ca ein Dutzend defekte Ge-Dioden (ohne Durchgang) und ca 2 Dutzend defekte Klein-Elkos (0.5 - 2 µF, alle ausgetrocknet), die ausgewechselt wurden. Mit jeder Platine, die überholt wurde, verschwanden einzelne der verbliebenen Fehler.

gefundene defekte Bauteile (li), eine voll funktionstüchtige RAE 4/15-2 (re). Bitte klicken zum Vergrößern !

Das Resultat ist jetzt eine voll funktionsfähige RAE 4/15-2 und ein fast kompletter überholter und funktionstüchtiger Ersatz-Platinensatz !



wird fortgesetzt ...